Hilft bei Fachkräftemangel: "Aktiv werben und ausbilden"
Seit dem vergangenen Schuljahr ist es Pflicht in Bayern: Der "Tag des Handwerks" für alle allgemeinbildenden weiterführenden Schulen. Zimmerermeister Andreas Drexler beteiligt sich an dieser Aktion. Schon seit Jahren geht er in Kindergärten und Schulen, um jungen Leuten seinen Beruf vorzustellen. Mit Erfolg: 2024 und 2025 sind seine Ausbildungsplätze schon besetzt.
Von Heike Sigel
Andreas Drexler trägt seine Zimmerertracht mit Stolz. "Wenn der Beruf Spaß macht, dann sieht man über viele Schwierigkeiten einfach hinweg", sagt der 47-jährige Handwerksmeister, als er sich in seiner Kluft für ein Foto vor seinem Meisterbrief postiert. Auch er hat derzeit mit den hohen Energiepreisen und überbordender Bürokratie zu kämpfen. Trotzdem ist für ihn das Glas eher halbvoll als halbleer. "Wir können im Moment über die Auftragslage nicht klagen. Allerdings machen wir vom Dachfenster bis zum Holzhaus wirklich alles, wir sind uns auch für kleinere Arbeiten nicht zu schade", sagt er.
Regionale Auftraggeber
Rund 90 Prozent seiner Aufträge generiert der Zimmerer in unmittelbarer Nähe zu seinem Firmensitz in Bruck in der Oberpfalz. Dort hat er sich 2010 mit der "Holzbau Drexler GmbH & Co. KG" selbstständig gemacht. Für ihn eine gute Entscheidung: "Ich würde beides wieder so machen: die Berufswahl und den Schritt in die Selbstständigkeit."
Gute Leute und viel Herzblut
Mit "wir" meint Andreas Drexler sein Team: Einen Techniker, vier Gesellen, zwei Bauhelfer, drei Lehrlinge, zwei Bürokräfte – und zuvorderst seine Frau Simone, die auch im Büro mitarbeitet. Mit ihr hat er sich lange beraten, bevor er sich 2010 nach vielen Jahren im Angestelltenverhältnis für den eigenen Betrieb entschied. "Anfangs wurde auch nachts gearbeitet", erinnert er sich. Und seine Frau ergänzt: "Unsere erste Tochter war damals erst zwei Jahre alt. Wir haben mit vier Leuten und einer sehr guten Auftragslage angefangen, es ging also gleich voll los." Leicht sei diese Zeit als junge berufstätige Mutter für sie nicht gewesen. "Man muss sich eben gut organisieren, das ist bis heute so geblieben."
11 Zimmerer ausgebildet
Inzwischen haben die Drexlers drei Kinder im Alter von sechs, zwölf und 15 Jahren. "Natürlich wäre es schön, wenn einmal eins von ihnen den Betrieb weiterführt", sagt das Ehepaar unisono. Schließlich stecke viel Herzblut im Unternehmen. 2016 wurde die eigene große Produktionshalle samt Verwaltungsräumen in Bruck in der Oberpfalz gebaut, die Anzahl der Mitarbeiter erhöhte sich seit der Firmengründung von vier auf aktuell zwölf Leute. Elf Zimmerer hat Andreas Drexler inzwischen ausgebildet. Er kann sich an jeden seiner Lehrlinge noch gut erinnern: "Es macht schon viel Arbeit, bis man einen Teenager gut ausgebildet hat", sagt er lächelnd: "Da kriegt man viel mit. Auch den ersten Liebeskummer." Nachwuchssorgen kennt der Zimmerermeister jedenfalls nicht. Für 2024 und auch nächstes Jahr hat er bereits jeweils einen Auszubildenden unter Vertrag.
Für die Nachwuchsgewinnung tut Drexler auch einiges. Schon seit Jahren geht er in Kindergärten und Schulen, um jungen Leuten seinen Beruf vorzustellen und für das Zimmererhandwerk zu werben. Als im vergangenen Schuljahr für alle allgemeinbildenden weiterführenden Schulen in Bayern ein "Tag des Handwerks" zur Pflicht wurde, meldete er sich mit seinem Betrieb sofort auf der entsprechenden HWK-Onlineplattform an, um diese "einmalige Chance für das Handwerk" zu unterstützen.
Aktionen an Schulen
Zum Hintergrund: Ziel des verpflichtenden Tags des Handwerks ist es, Schülerinnen und Schülern handwerkliche Tätigkeiten näherzubringen und ihnen das Handwerk und die damit verbundenen Ausbildungsmöglichkeiten begleitend zum Unterricht vorzustellen. Die Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz engagiert sich mit drei Formaten, um den "Tag des Handwerks" zur Erfolgsgeschichte zu machen: Berufsorientierungstage in den Bildungszentren der Kammer, Praxistage in allen teilnehmenden Handwerksbetrieben und mit einer praxisnahen Vorstellung der Berufe durch verschiedene Handwerks-Parcours an allen interessierten Schulen.
Der "Tag des Handwerks" ist in erster Linie für Jahrgangsstufen vorgesehen, in denen ein besonderer Fokus auf der Berufsorientierung liegt, das heißt in der Regel für die Vorabgangsklassen. "Damit der Tag des Handwerks so erfolgreich bleibt wie er in Ostbayern im letzten Jahr gestartet ist, braucht es eine möglichst breite Beteiligung von Handwerksbetrieben, Innungen, Kreishandwerkerschaften, Verbänden und Bildungseinrichtungen. Die Handwerkskammer engagiert sich nicht nur selbst, sondern berät und unterstützt Schulen und Betriebe auch bei der Umsetzung", sagt HWK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Kilger.
Vor Ort in Mittelschule und Gymnasium
Kilger freut sich, dass Andreas Drexler auch in diesem Jahr wieder mit an Bord ist. Am 22. Februar stellt der Zimmerermeister seinen Beruf in Theorie und Praxis an der Mittelschule in Bruck vor, am 15. März ist er an der Mittelschule Neunburg vorm Wald zu Gast. Letztes Jahr besuchte er das Regental-Gymnasium in Nittenau, die Realschule in Neunburg vorm Wald und die Mittelschule in Bruck. Weitere Interessenten können sich jederzeit melden. "Ich biete den Schulen an, dass die Klassen jederzeit auch zu uns in den Betrieb kommen dürfen. Das scheitert aber leider bis jetzt noch an so lapidaren Gründen wie den Kosten für die Busfahrt." Andreas Drexler sieht in puncto Nachwuchsgewinnung auch seine Handwerkskollegen in der Pflicht: "Man darf nicht nur über den Fachkräftemangel schimpfen, sondern man muss aktiv für seinen Beruf werben und immer wieder Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen. Denn wenn man den jungen Leuten keine Chancen gibt, dann bekommen wir fürs Handwerk bald gar keinen Nachwuchs mehr."